Auf der Suche nach der Wahrheit [Rezension] Im dunklen, dunklen Wald von Ruth Ware

Ein geschickt aufgebauter Thriller, der sich in der Spannung zwar langsam, dafür konstant steigern kann.

 Infos zum Buch:

Autor: Ruth Ware
Titel: Im dunklen, dunklen Wald
Originaltitel: In a dark, dark Wood
Format: Paperback
Genre: Thriller
Umfang: 384 Seiten
Verlag: dtv Verlag
Erscheinungstermin: 23. September 2016
Preis Buch: 15,90 €
Preis ebook: 12,99 €
ISBN-10: 3423261234
ISBN-13: 978-3423261234

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Als die sechsundzwanzigjährige Leonora, genannt Nora, unverhofft
von einer Freundin ihrer ehemaligen Schulfreundin Clare zu deren
Junggesellinnenabschied eingeladen wird, ist diese zunächst völlig
verblüfft, denn sie hat schon seit zehn Jahren nichts mehr von
Clare gehört. Gemeinsam mit Nina, einer weiteren Freundin aus
Schultagen, beschließt sie, an der Party teilzunehmen, denn sie ist
durchaus neugierig, warum sie eingeladen ist. Geplant ist ein
Wochenende in Northumberland in einer einsam gelegenen Waldhütte.
Dort angekommen lernen sie Flo kennen, Clares neue beste Freundin,
die das komplette Wochenende schon durchgeplant hat. Alles nimmt
seinen Lauf und das Wochenende plätschert nur vor sich hin und keiner hat so richtig Lust, bis
dann etwas geschieht, was keiner geahnt hat.

Irgendwie hatte ich mir das Buch ein wenig anders vorgestellt,
wobei es durchaus gut und flüssig geschrieben wurde. Allerdings kommt die Geschichte nur langsam in Schwung und
ich fragte mich immer mal wieder, wozu das ganze Geplänkel denn gut
sein sollte. Denn der komplette Junggesellinnenabschied mutet eher
wie ein Kindergeburtstag mit Alkohol und Drogen an. Dadurch
hatte ich allerdings sehr gute Gelegenheit, die einzelnen
Charaktere kennenzulernen, aber richtig einschätzen konnte ich sie
alle nicht. Genau das ist auch das, was diesen Thriller dann wieder
durchaus spannnend werden läßt, denn während des Lesens kreisten
mir permanent Fragen im Kopf herum, wozu jetzt was und wie gemacht
wurde, was ist wirklich in der Vergangenheit passiert? Warum haben
Clare und Nora sich überworfen? Wer ist diese Flo, die Clare
imitiert und so gar nicht zu der jungen Frau zu passen
scheint? Dabei bekommt man durch die Autorin nur immer wieder
winzig kleine Puzzleteile als Antwort zugeworfen, die dann
eine Frage beantworten und gleich drei neue entstehen lassen. Auch
viele kleine Wendungen im Geschehen ließen mich immer wieder
innehalten und überlegen. Der komplette Thriller ist somit eher ein
geschicktes Psychospielchen, hinter dessen Lösung ich tatsächlich
erst ganz am Ende kam. Sprachlich konnte mich das Buch völlig
überzeugen, denn es ist gut verständlich, ohne viele Schnörkel. Das
Spannungslevel oder besser noch die actionreiche Handlung war zunächst sehr flach gehalten, trotzdem wollte
ich unbedingt wissen, was denn da wirklich passiert ist. Die
Autorin versteht es auch sehr gut, eine prickelnde Atmosphäre zu
erzeugen, denn bei einem Ereignis im Haus hatte ich absolute
Gänsehaut. Das ganze Setting war für mich überaus präsent, denn ich
konnte schon sehr gut dieses einsame Haus im Wald vor mir
sehen, genauso wie alle Personen. Erzählt wird das Ganze aus
Noras Sicht, beginnend in der Gegenwart, in der sie in einem
Krankenhaus zu sich kommt, erlebt man das Geschehen durch ihre
Erinnerungen. Doch diese Erinnerungen sind getrübt, da Nora durch
einen Unfall ihr Gedächtnis zum Teil verloren hat. So hatte ich,
genau wie Nora immer nur Bruchstücke des Geschehens, die ich
zusammensetzen musste. Besonders geschickt ausgefeilt fand ich die
einzelnen Charaktere, von denen jeder Einzelne undurchschaubar
blieb und jeder etwas zu verheimlichen hatte. Sei es Nora, Clare
oder Flo, jeder von ihnen brachte mich zum Grübeln und je mehr ich
versuchte, sie zu verstehen, desto undurchdringlicher wurden sie.
Nora machte auf mich zunächst noch den normalsten Eindruck, wobei ich auch
bei ihr lange Miträtseln musste, was so Schreckliches passiert ist.
Clare ist eine Person mit einem sehr großen Geltungsbedürfnis, die
schon als Teenager extrem geschickt darin war, andere Personen zu
manipulieren. Flo, die Organisatorin, machte einen völlig gestörten
Eindruck und ich musste häufiger den Kopf schütteln. Nina mit ihrer
sarkastischen Ader war mir gleich von Beginn an sympathisch. Tom
und Melanie bleiben die Randfiguren, die zwar ein wenig Leben
abbekommen, aber blass bleiben, was der Geschichte aber keinen
Abbruch tut. Aber gerade durch diese Charaktere wurde alles ein Verwirrspiel, das mich im Endeffekt wirklich beeindrucken konnte. Denn die Auflösung kommt wirklich erst am Schluss und man hat zwar immer wieder zwischendurch den Eindruck, ah ja, jetzt hab ich es und doch kommt es wieder anders.

Sprachlich sehr gut und auch durchweg flüssig zu lesen hat mir
dieser Thriller im Gesamtbild sehr gut gefallen. Leider dauert es
einfach zu lange, bis sich wirklich was tut rein von der Action her gesehen. Trotzdem musste ich
beim Lesen aufmerksam bleiben, denn die kleinen Puzzlestückchen,
die man zugeworfen bekommt, machen diesen Thriller erst aus und die sollte man auch nicht verpassen. Somit fand ich es durchweg unterhaltsam, nur einfach
etwas langatmig, wobei Wendungen innerhalb des Geschehens und
geschickt ausgefeilte Charaktere der Geschichte Leben verpassen.
Wer einen Thriller bevorzugt, bei dem das Blut aus den Seiten
tropft und bei dem man vor Anspannung die Zehen in das Sofa bohrt,
der ist hier nicht richtig. Wer aber clever ausgearbeitete
Charaktere sucht und Psychospielchen mag, der wird hier durchaus
gut bedient. Für mich persönlich war das Geschehen in der Hütte ein
kleines bisschen zu lang, wobei es durchaus perfekt wiedergibt, wie
es den Charakteren dort ging und ich konnte mich dadurch auch sehr
gut in Nora versetzen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung an alle,
die gerne Geheimnissen auf der Spur gehen und kleine Rätsel und Verwirrspiele lieben.

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