Nicht so gruselig wie erwartet – Melmoth von Sarah Perry

Sarah Perry Melmoth
Coverrechte: Eichborn (Bastei Lübbe)/Designer ©Foto Silke Tellers||World of Books and Dreams

Infos zum Buch: 

AutorIn: Sarah Perry
Titel: Melmoth
ÜbersetzerIn: Eva Bonné
Originaltitel: Melmoth
Format: Hardcover
Genre: Roman
Umfang: 336 Seiten
Verlag: Eichborn Verlag
Erscheinungstermin: 30. September 2019
Preis Buch: 24,00 €
Preis eBook: 14,99 €
ISBN-13: 978-3847906643

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*Eichborn by Bastei Lübbe*

Inhalt

Die unscheinbare Helen Franklin lebt alleine in Prag, seitdem sie vor etwas aus ihrer eigenen Vergangenheit regelrecht geflohen ist. Sie hat nur wenige Freunde, doch als einer davon, Karel, ihr eines Abends in der Bibliothek die Lebensgeschichte eines ihr fremden Mannes übergibt, der vor kurzem verstorben ist. Zu Hause beginnt Helen zu lesen und das was Josef, der Verstorbene, da berichtet, klingt äußerst mysteriös und unheimlich. Denn er erzählt von Melmoth, einer Frau, die dazu verdammt wurde, bis zum Ende aller Zeiten allein auf Erden zu wandeln. Während Helen beginnt immer mehr über Melmoth in Erfahrung zu bringen, fühlt sie sich immer mehr verfolgt.

Meine Meinung

Ein Buch dessen Klappentext mich neugierig machte: Intrigen, Mafia, Vatikan und alles miteinander verwickelt klang schon unheimlich spannend. Der Einstieg gestaltete sich allerdings als nicht ganz so leicht, da hier doch eine Menge Personen und Schauplätze auf den Leser einstürmen. Das legt sich dann aber im Laufe des Buches und nach und nach erhält man einen besseren Durch- und Überblick.
Der achte Kreis ist der erste Teil einer neuen Reihe rund um Ishikli Caner und man spürt, dass hier noch einiges mehr passieren wird, bzw. noch nicht verraten wurde. Der Schreibstil des Autors liest sich flüssig und fesselnd und Gravenbach versteht es sehr gut, seinen Worten so viel Leben einzuhauchen, dass man beim Lesen den Eindruck hat, einen Actionfilm zu schauen. Es geht hier um Mord, Intrigen, Lügen, all das verursacht durch den Vatikan und Beweise dafür befinden sich auf einem Datenträger. Kein Wunder also, dass hier von allen möglichen Seiten versucht wird, an den Datenträger heranzukommen.
Erzählt wird die Handlung durch einen neutralen Erzähler aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei stehen hauptsächlich die Ermittler Roth und Freudensprung, Caner und ein Kardinal im Vordergrund, aber auch weitere Perspektiven werden mit integriert. Insgesamt muss ich sagen, dass ich die Grundzüge der Handlung als glaubwürdig und vorstellbar halte.
Durch all diese unterschiedlichen Perspektiven fehlte mir insgesamt ein wenig Tiefgang bei den Charakteren. Natürlich gibt es ja noch genügend Raum in folgenden Bänden die Charaktere weiterzuentwickeln, so dass ich das in diesem Fall nicht als negativ bewerte, trotzdem gab es doch das ein oder andere bekannte Ermittlerklischee. Dem gegenüber steht dann Caner, die, bis auf das kleine Detail eine Auftragsmörderin zu sein, fast schon Superkräfte hat. Trotzdem fand ich die Charaktere interessant und konnte sie mir genügend vorstellen, um der Geschichte Leben einzuhauchen.

Dieses Buch ist optisch eine absolute Augenweide mit den glitzernden Federn auf dem Schutzumschlag und auch unter diesem Einband ist es einfach nur wunderschön gestaltet.
Doch so richtig einfach ist diese Geschichte nicht. Ohne Frage, Sarah Perry schreibt unglaublich atmosphärisch. Ihre Sprache klingt beinahe poetisch und doch ist darin das düstere und dunkle wiederzufinden. Sie arbeitet mit vielen Metaphern, bei denen man schon zu Nachdenken kommt, um dahinter zu kommen, was sie herauskristallisieren will. Aber was mir hier schwer fiel, waren den teilweise weit ausholenden Erzählungen zu folgen. Das Buch ist dementsprechend keine leichte Lektüre für entspannte Lesestunden auf dem Sofa, sondern fordert absolute Aufmerksamkeit.
Doch trotz dieser tiefen Hoffnungslosigkeit, die in Sarah Perrys Beschreibungen durchscheinen, fehlte mir hier das gruselige, was ich anhand des Klappentextes erwartet hatte. Für mich klang das Buch nach einer Schauergeschichte und ja, irgendwie ist es das auch, wie ein schauriges Märchen und doch wiederum nicht. Zwar kommt immer wieder eine leichte Gänsehautatmosphäre auf, die dann aber schnell wieder abflachte. Dieses liegt dann an den weit ausholenden Erzählungen, Protagonistin Helen forscht, wer Melmoth war und stösst dabei auf Manuskripte etc., die hier mit in die Story einfließen. Alles in allem werden somit viele unterschiedliche Zweige eingeflochten, die für mich dann einfach zu weit abschweiften und das Lesen recht zäh machten.
Der Handlungsort, Prag, hat mir sehr gut gefallen. Es ist zwar schon einige Jahre her, dass ich zur Abifahrt in Prag war, doch diese ganz bestimmte Atmosphäre der Stadt, dieses alte, tagsüber lebendige, doch im dunkeln durchaus unheimlich wirkende der Gegend, kamen für mich recht gut hervor.
Ein Erzähler in dritter Person Perspektive führt den Leser durch den Roman. Dabei begleiten wir in erste Linie Helen, von der wir gleich zu Beginn erfahren, wie unscheinbar und wenig auffallend sie ist. Auch dass dieses Verhalten einen Grund hat, nämlich eine Schuld, die sie sich vor zwanzig Jahren aufgeladen hat, bekommen wir gleich zu Beginn präsentiert. Doch ansonsten fiel es mir schwer, einen Bezug zu ihr aufzubauen. Doch nicht nur bei Helen fiel mir das schwer, denn auch die anderen Charaktere, die man zum Teil nur durch die Dokumente kennenlernt, sind alle auf ihre Art seltsam. Irgendwie wirkten sie alle ein wenig anders und so richtig vorhersehbar war hier niemand.

Alles in allem habe ich schon irgendwie eine düstere und atmosphärische Geschichte erwartet, bei der der Schwerpunkt auf Melmoth liegt. Doch Sarah Perry, deren Erzählstil auf alle Fälle mal etwas ganz anderes ist, mit all seiner Poesie, lenkt doch immer wieder die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Personen der Geschichte. Dieses Buch ist keine locker leichte Lektüre für zwischendurch, doch ich bin mir sicher, dass gerade Leser anspruchsvoller Lektüre hier ihre Freude dran haben werden. Mein persönlichen Erwartungen konnten hier allerdings nicht erreicht werden.

4 Gedanken zu „Nicht so gruselig wie erwartet – Melmoth von Sarah Perry

  1. Nicole Antworten

    Hallo Silke,

    schade. Klappentext und Aufmachung haben bei mir eine ähnliche Erwartungshaltung wie bei dir geweckt. Literarisch anspruchsvoll muss derzeit nicht sein. Hauptsache, es ist gruselig. Dann wird’s wohl mit dem Buch und mir nichts werden – auch wenn der Schauplatz Prag recht reizvoll ist.

    Liebe Grüße,
    Nicole

    • Silly Autor des BeitragsAntworten

      Hallo Nicole,

      ja, ich fand den Klappentext auch richtig genial und das Buch sieht in der Hand nochmal besser aus.

      Ich glaube, hier würde mal reinlesen sehr gut helfen, denn der Stil der ersten Seiten bleibt auch weiter so.

      Liebe Grüße
      Silke

  2. Ronja Antworten

    Ahoi Silke,

    mich konnte das Buch leider auch nicht begeistern – was vor allem an dieser düster-depressiven Stimmung lag und daran, dass ich das Buch trotz des ungewöhnlichen und -wie du sagst- poesievollen Schreibstils als langatmig empfand…

    Liebe Grüße, Ronja von oceanloveR
    zu meiner Rezension

    • Silly Autor des BeitragsAntworten

      Hallo Ronja,

      diese Stimmung finde ich an Büchern gar nicht so schlecht, zumal die hier ja gut zur Gesamtstimmung passt. Aber dieser Schreibstil ist auch für mich zu poesievoll und aus-/abschweifend.

      Liebe Grüße
      Silke

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